22.07.2017

Sophia Schirmer probiert bei bento gern neue Darstellungsformen aus (Foto: C. Klenk).
„Eine Kollegin kam von einer Schulung zurück, und meinte: Wir brauchen in Zukunft eine Facebook-Seite“, schildert Nina Schellkopf ihren ersten Kontakt mit dem Thema Social Media bei der Mittelbayerischen Zeitung. „Es ging einfach nur ums dabei sein, da stand kein strategischer Marketingansatz dahinter“. Das habe sich inzwischen geändert, die Konkurrenz sei riesig und hoch professionalisiert. „Die Sozialen Medien sind ein lebendiges System, das sich ständig verändert“, sagt Nina Schellkopf. Entsprechend sei ihr Weg zur Social-Media-Expertin geprägt gewesen von „viel kaltem Wasser und viel learning by doing“. Mittlerweile ist sie als Projektmanagerin für Kommunikation und Marketing für Oberpfalz.de tätig. Weil dort bis vor kurzem ein Instagram-Account fehlte, hat sie den inzwischen eingerichtet. Seit Schellkopf 2009 angefangen hat, sich professionell mit sozialen Medien zu beschäftigen, hat sich aus ihrer Sicht eines geändert: Früher habe man mehr Leute mit weniger Aufwand erreicht. Die Community „in Schach zu halten“ sei heute eine große Herausforderung.
Von Snapchat bis YouTube
Sebastian Meinberg will beim Bayerischen Rundfunk als Teamleiter bei PULS vor allem ein junges Publikum erreichen. Um ein U-20-Publikum zu erreichen ist für ihn Snapchat das Mittel der Wahl: „Leute über 25 erreiche ich damit nicht, die interessieren sich nicht für Snapchat.“ Das Konzept von Snapchat, Kommunikation primär über Bilder und Videos zu gestalten, eignet sich in seinen Augen hervorragend für Storytelling. „Snapchat ist extrem personalisiert“, erläutert Meinberg, „wir haben deshalb die Snapchat-Soap ‚I am Serafina‘ gestartet, in der eine fiktive 19-Jährige Besucher an ihrem Leben Teil haben lässt“. Instagram sieht er als Verknüpfungsmedium. Mit einem Challenge-Format wie „Das schaffst du nie!“ nutzt das PULS-Team aber auch YouTube als Kanal für seinen Content. Und das mit Erfolg.

Bei “Das schaffst du nie!” wächst Sebastian Meinberg über sich hinaus (Foto: C. Klenk).
Bei bento hat man zuletzt moderierte Chats auf WhatsApp genutzt, um einem jungen Publikum Hintergründe und Analysen zu den Wahlen in den Niederlanden, in Frankreich und in Großbritannien zu liefern. „Wir holen uns da die Expertise junger Menschen aus diesen Ländern ein, die darüber berichten, was sie beschäftigt, und um was es aus ihrer Sicht bei den jeweils anstehenden Wahlen geht“, berichtet Sophia Schirmer von bento. Es war ein Versuchsballon, der überaus erfolgreich war. „Wir hatten erwartet, mit vielleicht nur ein, zwei Dutzend Usern da zu sitzen“, berichtet sie, „im Fall der Niederlande waren es dann etwa 70, bei der zweiten Runde der Wahlen in Frankreich knapp 100 Teilnehmer“. Eine ganz eigene Erfahrung war für sie ein Interview mit Martin Schulz, dessen Fragen von Usern bestimmt wurden: Schirmer suchte im Netz nach Themen und Aussagen von jungen Menschen und konfrontierte Schulz damit. Der heutige SPD-Kanzlerkandidat, damals noch Präsident des Europäischen Parlaments, habe sehr spontan reagiert und sich über die Art des Interviews gefreut.
Was Daten verraten
Von einer ganz anderen Art journalistischer Arbeit berichtete schließlich Steffen Kühne, der für BR Data arbeitet. Welche Möglichkeiten der Datenjournalismus bietet, machte er am Beispiel einer langen Recherche über das Steuerparadies Madeira deutlich. Die Tatsache, dass das dortige Amtsblatt zurückgehend bis ins Jahr 2000 alle relevanten Unternehmens- und Wirtschaftsmeldungen digital abrufbar zur Verfügung stellt, erlaubt es, eine ganze Reihe steueroptimierter Vorgänge öffentlich zu machen. In der Konsequenz dieser Berichterstattung musste sich dann die zuständige Regionalregierung vor dem Europäischen Parlament rechtfertigen. Manchmal sei es aber schwierig an Daten öffentlicher Einrichtungen und Behörden zu kommen, berichtet er, „es gibt immer wieder Fälle, in denen wir trotz Androhung rechtlicher Schritte keine Daten bekommen“. Aktuell hat sich das BR-Data-Team mit der Diskriminierung ausländischer Wohnungssuchender auf dem deutschen Wohnungsmarkt beschäftigt. Dabei arbeitete das BR-Data-Team nicht nur mit Hörfunk und Fernsehen im eigenen Haus zusammen, sondern auch mit SPIEGEL Online.
von Engelbert Hopf
23.07.2017
Ein Journalistik-Studium führt nicht immer unbedingt in einen Job als Journalist oder Journalistin. Von ihren Erfahrungen in verwandten Berufsfeldern haben in Eichstätt vier Absolventen berichtet: Christian Mihr (Geschäftsführer bei der Nichtregierungsorganisation „Reporter ohne Grenzen“), Miriam Leunissen (Gründerin der Text- und PR-Agentur comm:motions), Steffen Doersam (Geschäftsführer des Unternehmens „Social Sweethearts“) und Kinderbuch-Autorin Margit Auer.

Vom Journalisten zum Vorkämpfer für Journalisten-Rechte: Christian Mihr (Foto: C. Klenk)
Christian Mihr hat sein Berufsleben als Lokaljournalist begonnen. Nach dem Studium in Eichstätt hätte er, so erzählt er, fast eine wissenschaftliche Karriere eingeschlagen. Dochaufgrund seines Interesses für Lateinamerika und Russland kam nach journalistischen Stationen in Deutschland und Ecuador der Kontakt zu „Reporter ohne Grenzen“ zu Stande. „Dort bin ich der erste Journalist auf dem Posten des Geschäftsführers“, sagt Mihr. Das Fachwissen aus dem Studium bringe ihm Glaubwürdigkeit. Doch seine Arbeitstage sehen deutlich anders aus, als in einer Redaktion: Mihr kümmert sich um Verwaltungsaufgaben, pflegt den Kontakt zu Spendern und macht viel politische Arbeit – so zum Beispiel bei einer Anhörung zum Netzwerkdurchsetzungsgesetz. „Am gewöhnungsbedürftigsten war es für mich, selbst interviewt zu werden“, verrät er. Und gibt zu, dass er sich manchmal über Kollegen ärgert, die schlecht vorbereitet zum Interviewtermin erscheinen.
Miriam Leunissen sieht es für ihre Arbeit in einer Agentur als großes Plus, dass sie im Rahmen ihrer Ausbildung die verschiedensten Medien kennengelernt hat. „Dadurch kann ich mit den Kollegen in den Redaktionen auf Augenhöhe reden.“ Im PR-Bereich gelandet ist sie nach dem Studium über verschiedene Projekte in Marketing und Öffentlichkeitsarbeit. Definitiv ein anderer Job als Journalismus sei das, findet sie: „Nicht nur die andere Seite des Schreibtisches.“ Es gehe viel um Beratung, Organisation, und Projektmanagement. Vor allem die Fähigkeit, Strategien zu entwickeln, sei gefragt.
Nach seinem Studium in Eichstätt hat Steffen Doersam zunächst beim Wirtschafts-Magazin „Focus Money“ gearbeitet. Schon seit der Schulzeit war er auch selbstständig tätig und entschloss sich schließlich, komplett auf die eigenen Unternehmungen zu setzen. Mit zwei weiteren Gründern rief er das Online-Technologie- und Verlagsunternehmen „Social Sweethearts“ ins Leben. Besonders wichtig aus seiner Sicht: „Gute Geschäftspartner, auf die man sich verlassen kann.“ Die Firma hat an zwei Standorten (Köln und München) mittlerweile 100 Mitarbeiter aus über 30 Ländern. Das Produkt: Sogenannter „feel-good-content“ – also familientaugliche Inhalte wie Quizspiele, Rezepte, Videos oder Persönlichkeitstests. Und was ist das Journalistische daran? „Immer neugierig sein, immer dazulernen, immer Fragen stellen“, sagt Doersam. Außerdem sei es wichtig, Inhalte einschätzen zu können, zu wissen, was viral gehen könne.

Margit Auer ist mittlerweile Bestseller-Autorin (Foto: C. Klenk)
Mit der Kinderbuch-Reihe „Die Schule der magischen Tiere“ hat Margit Auer einen Bestseller gelandet, der mittlerweile international erfolgreich ist. Doch der Weg dahin war lang – ihr erstes Buch habe sich im ersten Jahr nur 2.000 Mal verkauft, verrät die Autorin. Finanziell habe sich das noch nicht gelohnt. Aber die Tatsache, dass sie ein Buch vorzuweisen hatte, half ihr, eine Agentin zu finden – der erste Schritt ins professionelle Schriftsteller-Dasein. Etwas Glück kam dazu, und so konnte sie vor 10 Jahren die Tätigkeit als freie Journalistin an den Nagel hängen. Seitdem ist sie hauptberuflich Schriftstellerin. Und das mit viel Disziplin: „Ich arbeite jeden Tag“, sagt sie. Schreibblockaden? Kennt Auer nicht: „Die Ideen für ein Buch habe ich schon vor dem Schreiben zusammen.“ Je nach Laune schreibe sie an einem Buch weiter, oder korrigiere und überarbeite schon vorhandene Teile. Seit ihre eigenen Kinder größer sind, hält sie den Kontakt zu ihrem jungen Publikum vor allem bei Lesungen. Und merkt dort zum Beispiel, wenn sie einer Figur etwas zu grobe Schimpfwörter in den Mund gelegt hat: „‘Du blöder Idiot‘ – da zucken Zweitklässler zusammen!“
von Iris Volk
24.06.2017

Engelbert Hopf (links) moderierte das Gespräch zwischen Frederik Obermaier (Mitte, per Skype) und Ulrich Wolf (rechts). Foto: C. Klenk
Im Panel zur „Investigativen Recherche“ berichteten Ulrich Wolf von der “Sächsischen Zeitung” und Frederik Obermaier, Redakteur bei der “Süddeutschen Zeitung” und zugeschaltet über Skype, aus ihrem Berufsalltag. Im Regionalen geht Ulrich Wolf etwa den Machenschaften rechter Gruppierungen oder den Verstrickungen von Landespolitikern nach. Frederik Obermaier ist durch seine Mitarbeit an der Panama-Papers-Recherche nicht nur bundesweit bekannt geworden.
Investigativ heißt nicht: Informationen vorab erhalten
Ihre Arbeitsbedingungen bezeichneten die beiden als „extremen Luxus“, denn sie haben noch Zeit für ihre Recherchen. Frederik Obermaiers Team aus acht Journalisten auch schon einmal ein halbes Jahr. Damit steigt jedoch auch der Druck, denn die publizierte Geschichte müsse dann auch „Wellen schlagen“, wie er sagt. Das Investigativ-Team der “Sächsischen Zeitung” umfasst zwei Reporter – keine Selbstverständlichkeit bei einer Regionalzeitung, aber in Zeiten von Diskussionen um „Fake News“ und „Lügenpresse“ durchaus ein Trend. Journalisten sollten dabei jedoch nicht vergessen, dass „investigativ“ mehr sei, als eine Information vorab zu erhalten, die ohnehin von mehreren Medien veröffentlich werden wird. Es gehe darum, etwas ans Licht zu bringen, dass sonst unbekannt geblieben wäre.
Trotz der zunehmenden Schnelllebigkeit im Netz und dem Streben nach hohen Klickzahlen sollten Journalisten gründlicher recherchieren, nachfragen, einordnen, „unbequem und kritisch“ sein. Dabei könnten Lokal- und Regionalzeitungen laut Ulrich Wolf die Erkenntnisse von Rechercheteams größerer Verlage oder anderer Zusammenschlüsse noch viel besser nutzen. Er hat dies mit einem Teil des Panama-Papers-Datensatzes getan. Dabei wurde allerdings auch ein frustrierender Aspekt seines Jobs deutlich: Der Artikel hatte zwar erst für Aufsehen gesorgt, der mutmaßliche Steuerhinterzieher hat aber keinerlei Konsequenzen davontragen müssen.
Bestechungsversuche und Drohungen
Beide Redakteure hatten schon mehrmals Klagen von großen Kanzleien auf dem Tisch. „Anfangs hat mich das verunsichert. Ich habe mich gefragt, ob ich vielleicht wirklich einen Fehler in der Recherche gemacht habe. Aber irgendwann wird es zur Routine, vor einer solchen Drohkulisse zu arbeiten“, sagte Frederik Obermaier. Bei Ulrich Wolf wurde versucht, ihn mit Geld zu bestechen. Er und seine Familie erhielten Drohungen. Auch wenn ihn das mitgenommen habe, sollten Journalisten nicht vor solchen Auseinandersetzungen zurückschrecken und noch stärker für Pressefreiheit, Daten- und Informanten-Schutz eintreten. Dabei sollten sie sich selber schützen – etwa, indem ihre Adresse nicht öffentlich einsehbar sei, ihr Name nicht an der eigenen Haustüre stehe oder durch verschlüsselte Kommunikation mit Informanten. Verlagsanwälte könnten sich besser austauschen, um ihre Position gegenüber Privatkanzleien zu stärken. „Im Vergleich zu Kollegen in der Türkei und Russland leben und arbeiten wir hier in Deutschland sehr sicher. Das sollten wir nicht vergessen“, mahnte Frederik Obermaier.
von Katrin Schmermund
26.06.2017

Lea Reinhard hat nach ihrem Bachelor bei Radio Bremen volontiert. Foto: C. Klenk
Journalismus mit Bachelor- und Master-Studium – kann das überhaupt funktionieren? Womöglich auch „nur“ mit Bachelor? Nachdem der Bologna-Prozess auch in der Eichstätter Journalistik Einzug gehalten hatte, hat sich der eine oder andere Diplom-Journalist durchaus diese Frage gestellt.
Professor Klaus Meier ist dieser Frage in einer bayernweiten Absolventenbefragung nachgegangen und hat im Panel IV die Ergebnisse vorgestellt. Außerdem zu Gast: Master-Absolventin Katharina Hamel und Bachelor-Absolventin Lea Reinhard, mit einem Einblick in den Beginn ihres Berufslebens.
Erste Erkenntnis: Die anfängliche Befürchtung, dass Bachelor von Arbeitgebern nicht als vollwertige Arbeitskräfte akzeptiert würden, hat sich laut Klaus Meier mittlerweile erledigt. Die BA-Absolventen drängen, so zeigt es Meiers Studie, verstärkt in den Beruf. Bestes Beispiel dafür: Lea Reinhard, die direkt nach ihrem Bachelor als Volontärin bei Radio Bremen anfangen konnte. Dort arbeitet sie mittlerweile für das Magazin „buten un binnen“.

Katharina Hamel (rechts) hat der Eichstätter Master im Berufsleben weitergeholfen. Foto: C. Klenk
Katharina Hamel dagegen hat noch den Master in Eichstätt angeschlossen und sich darin mit Themen wie BWL, Medienrecht und Personalführung beschäftigt. Außerdem auf dem Stundenplan: die Entwicklung neuer Medienformate und Organisationsformen von Redaktionen und Medien. Kenntnisse, so erläuterte sie, die sie später bei der Umsetzung von Projekten für ihren Arbeitgeber – den Evangelischen Presseverband für Bayern (EPV) – gut brauchen konnte.
Doch egal ob Bachelor oder Master, ein Volontariat im Anschluss an das Studium halten beide Journalistinnen für sinnvoll. „Ein Volo bringt Netzwerke, die im Beruf Gold wert sind“, findet Lea Reinhard. Aus Sicht von Katharina Hamel auch wichtig: Die Routine, die man im Volontariat bekommt. Auch Klaus Meier kommt in seiner Studie zu dem Ergebnis, dass eine praktische Ausbildung nach dem Studium sinnvoll ist. „Ein Studium bereitet gut auf das Volontariat vor, wo man nochmal andere Fähigkeiten lernt.“
Eine gute Nachricht für alle frischen Absolventen hatte Meier noch: Die Konkurrenz auf dem Markt habe nachgelassen. Die Arbeitgeber wünschten sich „Volontäre mit Vorerfahrung, die für den Beruf brennen“. Beste Chancen also für Eichstätter Journalistinnen und Journalisten.
von Iris Volk