Neues aus dem Waisenhaus

05.12.2010
Waisenhaus

Waisenhaus

Für die Eichstätter Journalistik bringt das Jahr 2010 einige Neuerungen – sowohl personeller Art, als auch strukturell. Die Neubesetzung von Lehrstuhl I beschäftigt den Studiengang schon seit geraumer Zeit. Der Nachfolger von Walter Hömberg soll zum Wintersemester 2010 berufen werden. Zwar hätte Hömberg, der im August 2009 seinen 65. Geburtstag feierte, schon vor einem halben Jahr in Ruhestand gehen können. Weil sich das Verfahren zur Neubesetzung des Lehrstuhls aber – wie in vielen Fällen – länger hinzog und Hömberg noch die Lust an der Lehre verspürt, vertritt er vorerst den Lehrstuhl und bleibt Eichstätt so erhalten.

„Was, Herr Hömberg wird schon verabschiedet?“, fragten einige Absolventen im Januar 2010 in Eichstätt nach, als sich das Gerücht von einer Abschiedsfeier zum Semesterende verbreitete. Tatsächlich war es nur eine Überraschungsfeier, in deren Verlauf Hömberg eine Festschrift überreicht bekam. Diese konnte auch dank der finanziellen Unterstützung des AEJ zustande kommen.

Zur Präsentation der Festschrift reisten zahlreiche Freunde und Weggefährten Hömbergs nach Eichstätt. Der Jubilar hatte von den Vorbereitungen nichts mitbekommen und bemerkte erst am Abend, während der Begrüßung zu einem Vortrag von ARD-Programmchef Volker Herres, wer da alles im Hörsaal Platz genommen hatte. Unter den Gästen waren unter anderem Wolfgang R. Langenbucher, Dietrich Schwarzkopf, Horst Pöttker, Roland Burkart und Klaus Meier. Letzterer hatte sich im Juli 2009 auch mit anderen Bewerbern um die Hömberg-Nachfolge in Eichstätt vorgestellt. Sechs potenzielle Lehrstuhlinhaber hielten Probevorträge. Unter den aussichtsreichen Bewerbern waren zwei aej-Mitglieder: eben Klaus Meier, der jüngst auch einen Ruf an das Institut für Journalistik der Technischen Universität Dortmund angenommen hatte, und Ralf Hohlfeld, der seit 2008 an der Universität in Passau Kommunikationswissenschaft lehrt.

Die Berufungskommission unter Vorsitz von Klaus-Dieter Altmeppen hat die Kandidaten unter die Lupe genommen. Danach haben die Gremien der Hochschule eine Liste verabschiedet, an deren Spitze Thomas Hanitzsch stand. Hanitzsch lehrte Kommunikationswissenschaft in Ilmenau und Zürich und ist seit Anfang 2010 Professor an der LMU in München. Letztlich hat er den Ruf aus privaten Gründen abgelehnt, sodass nun der Zweitplatzierte Klaus Meier an der Reihe ist. Die Verhandlungen laufen, der Studiengang hofft auf einen positiven und baldigen Abschluss.

Personelle Veränderungen gibt es auch im Mittelbau. Klaus Arnold, der 2008 seine Habilitation erfolgreich abgeschlossen hatte, wird im Sommersemester 2010 eine Professur für Medien- und Kommunikationswissenschaft an der Universität in Trier vertreten. Und Renate Hackel-de Latour, Akademische Direktorin am Lehrstuhl I, vertritt ebenfalls in diesem Sommersemester eine neu geschaffene Professur für Journalistik an der Universität Passau (bei Ralf Hohlfeld). In Eichstätt verstärkt dafür Tanja Kössler das Team der Journalistik. Sie hat im Februar 2010 das Diplom verliehen bekommen und ist nun als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl II tätig. Melanie Verhovnik, seit 2008 wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl I, übernimmt im Sommersemester die Aufgabengebiete von Renate Hackel-de Latour.

Für den BA Journalistik haben sich für das Wintersemester 2009/10 insgesamt 238 Interessenten beworben – das ist Rekord seit Bestehen des Studiengangs. 75 Bewerber nahmen im Juli 2009 am zweitägigen Auswahlverfahren teil. Nach längeren Verhandlungen steht nun fest, dass die Eichstätter Journalistik ihre Kapazitäten vorläufig auf 50 Studienplätze pro Jahr im Bachelor-Studiengang verdoppelt. Dies soll schon zum Wintersemester 2010/11 der Fall sein. Die Aufstockung hing vor allem von der Frage ab, ob die Journalistik die dafür nötigen zusätzlichen Mitarbeiterstellen im Bereich der Praxisausbildung und des Mittelbaus erhält. Denn eines will der Studiengang mit dem Ausbau nicht gefährden: seinen guten Ruf, der vor allem auf der intensiven Betreuung der Studierenden und dem engen Kontakt zu den Dozenten gründet. Eine volle Stelle für die Praxisausbildung (Lehrkraft für besondere Aufgaben) und eine volle Stelle im akademischen Mittelbau zusätzlich hat die Universitätsleitung dem Studiengang zugesagt.

Außerdem wird eine dritte Professur für die Journalistik geschaffen. Diese Rubrik ist ja schon seit einigen Ausgaben ausgeweitet worden auf Nachrichten, die es aus der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt insgesamt zu vermelden gibt. Das gilt umso mehr in Zeiten, in denen in der Sommerresidenz Veränderungen anstehen. Nach der Emeritierung von Ruprecht Wimmer im Sommer 2008 waren, wie berichtet, zwei reguläre Berufungen eines neuen Hochschulpräsidenten gescheitert: Ulrich Hemel, der erste Kandidat, wurde vom Träger nachträglich nicht akzeptiert. Der zweite, Reinhard Hütter, soll angeblich zu hohe Gehaltsforderungen gestellt haben. Bis es zu einem dritten Wahlgang kommt, wird die KU nun interimistisch geleitet. Den Sozialpsychologen Rudolf Fisch hätten viele gerne länger als die vorab vereinbarte einjährige Amtszeit in Eichstätt behalten, brachte er doch nach turbulenten Wochen mit seiner angenehmen Art Ruhe und Aufbruchsstimmung zugleich an die Universität. Während er in Eichstätt wieder Ordnung in die Geschäfte in der Sommerresidenz brachte, beging Fisch seinen 70. Geburtstag – verständlich, dass er sich die Aufräumarbeiten nicht ewig zumuten wollte. Seit einigen Monaten ist nun ein deutlich Jüngerer am Werk: Der 48-jährige Theologe Andreas Lob- Hüdepohl leitete bisher als Rektor die Katholische Hochschule für Sozialwesen in Berlin und ist nun vom Träger der KU zum neuen Übergangspräsidenten in Eichstätt ernannt worden. Lob-Hüdepohl kommt bislang bei den Studierenden und Lehrenden recht gut an. Spannend wird sein, was sich für die Universität mit dem Wechsel im Amt des Großkanzlers ändern wird. Der Eichstätter Bischof Gregor Maria Hanke wird im Laufe des Jahres seine Funktion als Magnus Cancellarius an den Münchner Erzbischof Reinhard Marx abgeben.

Im Unterschied zu anderen Universitäten hatten die Studenten während des Bildungsstreikes in Eichstätt keine Hörsäle besetzt. Manche berechtigte Kritikpunkte am Bildungssystem treffen auf die KU einfach nicht zu: Es gibt hier keine überfüllten Vorlesungen, und die Ausstattung sowie die Betreuung durch die Dozenten ist in den meisten Fächern immer noch besser als an staatlichen Universitäten.

Aber auch die Eichstätter Studierenden fordern die Abschaffung der Studiengebühren und Entlastung bei den vollgepackten neuen Bachelor-Studiengängen. Am meisten gerechtfertigt ist sicherlich die Kritik des zunehmend verschulten und verbürokratisierten Studiums. Auch am Journalistik-Studiengang müssen wir uns erst an Anwesenheitslisten und die Seminarorganisation mit Computer-Datenbanken gewöhnen – ohne den ganzen Papierkram ging es doch beim Diplom-Studiengang auch. Der neue Uni-Präsident Andreas Lob-Hüdepohl hat ein paar Mal darauf hingewiesen, er sei gar nicht so unglücklich, dass das katholische Profil der KU in letzter Zeit so häufig in der Öffentlichkeit thematisiert wurde. Die Frage, was denn die Katholische Universität von anderen Hochschulen unterscheiden soll, wird auch weiterhin für Diskussionsstoff sorgen und vielleicht auch bei der Profilierung manches Faches helfen. Und auch in anderer Hinsicht war die mediale Aufmerksamkeit für das „Chaos im Altmühltal“ (FAZ) vielleicht gar nicht so schädlich wie befürchtet: Zwei unserer 25 neuen Journalistik-Studenten des Wintersemesters 2009/10 berichteten jedenfalls, sie seien überhaupt erst durch die Berichterstattung über das Präsidentendebakel auf die Eichstätter Universität und somit auf den Journalistik Studiengang aufmerksam geworden – woran man sehen kann: auch schlechte PR ist letztlich PR.

Christian Klenk